
14/09/2025 0 Kommentare
Andacht - Auf ein Wort
Andacht - Auf ein Wort
# Andacht

Andacht - Auf ein Wort

„Alles hat seine Zeit, und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, das Gepflanzte ausreißen hat seine Zeit. [...] Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott macht, weder Anfang noch Ende.“ (Prediger 3,1-2.11)
Liebe Gemeinde, wenn diese Zeilen Sie erreichen, liegt der Sommer bereits in seinen letzten Zügen. Die Tage werden merklich kürzer, die ersten Blätter beginnen sich zu verfärben, und über den Feldern um Löhne liegt der Duft der Ernte. Es ist eine Zeit des Übergangs – zwischen der Fülle des Sommers und der Vorbereitung auf den Herbst, zwischen Urlaubszeit und dem Wiederbeginn des gewohnten Rhythmus.
Der Prediger Salomo spricht in unserem Bibeltext von den Zeiten des Lebens. Jedes Ding hat seine Zeit – eine Weisheit, die besonders in diesen Wochen zwischen August und September spürbar wird. Die Natur zeigt uns eindrücklich, wie Werden und Vergehen, Wachsen und Ruhen, Säen und Ernten ineinandergreifen.
Die Zeit der Ernte
August ist traditionell die Zeit der Ernte. Auf den Feldern um unsere Gemeinde herum wird das Getreide eingebracht, in den Gärten reifen die letzten Tomaten, und die Obstbäume biegen sich unter der Last ihrer Früchte. Es ist eine Zeit der Dankbarkeit für das, was gewachsen ist und gereift ist.
Aber Ernte ist nicht nur ein landwirtschaftlicher Begriff. Auch wir Menschen ernten ständig – die Früchte unserer Arbeit, unserer Beziehungen, unserer Bemühungen. Manchmal
ist die Ernte reich und überraschend, manchmal fällt sie geringer aus als erhofft. Der Prediger erinnert uns daran, dass beides seine Zeit hat: das Pflanzen und das Ernten, das Säen und das Einbringen.
In unserem Gemeindeleben haben wir in den vergangenen Monaten viel gesät: Neue Kontakte sind entstanden, Projekte wurden angestoßen, Gottesdienste gefeiert, Menschen begleitet in Freud und Leid. Nun, am Ende des Sommers, dürfen wir schauen: Was ist gewachsen? Wo haben wir Früchte unseres Glaubens und unserer Gemeinschaft erkennen können?
Vielleicht war es ein Gespräch nach dem Gottesdienst, das jemandem neuen Mut geschenkt hat. Vielleicht eine helfende Hand in schwerer Zeit, die Hoffnung geweckt hat. Vielleicht ein gemeinsames Projekt, das Menschen zusammengebracht hat. Oder ganz einfach die Erfahrung, dass Glaube trägt und Gemeinschaft stärkt.
Die Zeit des Übergangs
Gleichzeitig ist diese Zeit zwischen August und September eine Zeit des Übergangs. Die Kinder und Jugendlichen bereiten sich auf den Schulbeginn vor, viele kehren aus dem Urlaub zurück, und das Gemeindeleben nimmt wieder seinen gewohnten Rhythmus auf. Nach den entspannteren Sommerwochen strukturiert sich der Alltag neu. Übergänge können verunsichern. Das Vertraute wird verlassen, Neues kommt auf uns zu. Vielleicht haben Sie in diesen Wochen selbst solche Übergänge zu bewältigen: berufliche Veränderungen, familiäre Neuorientierungen oder ganz persönliche Herausforderungen. Der Prediger spricht von der Zeit zum Ausreißen und der Zeit zum Pflanzen. Beides gehört zum Leben dazu. Gott begleitet uns durch alle Zeiten des Übergangs. Er ist derselbe gestern, heute und morgen, während um uns herum alles im Wandel ist. In ihm finden wir Halt und Orientierung, wenn die Wege ungewiss werden. Seine Liebe ist nicht an bestimmte Zeiten oder Umstände gebunden – sie trägt uns durch alle Jahreszeiten des Lebens.
Die Schönheit des Augenblicks
„Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit" – dieser Vers aus dem Predigertext lädt uns ein, die Schönheit des gegenwärtigen Augenblicks zu entdecken.
Nicht nur die großen, spektakulären Momente sind schön, sondern auch die stillen, unscheinbaren Zeiten haben ihre eigene Schönheit. Die warmen Abende im August, wenn die Sonne langsam untergeht und die Welt in goldenes Licht getaucht wird. Die ersten kühlen Morgenstunden im September, wenn der Tau auf den Wiesen glitzert. Das Lachen von Kindern, die die letzten Ferientage genießen. Das zufriedene Gesicht eines Menschen, der nach getaner Arbeit zur Ruhe kommt. Gott lädt uns ein, diese Schönheit wahrzunehmen und dankbar zu sein. Dankbarkeit öffnet unsere Augen für die Wunder des Alltags und macht
unser Herz weit für die Gegenwart Gottes in unserem Leben.
Die Ewigkeit im Herzen
Der Prediger schreibt auch: „Er hat die Ewigkeit in ihr Herz gelegt.“ Das ist ein besonders tiefer Gedanke. Mitten in der Zeit, mitten im Vergehen und Werden, trägt der Mensch eine Ahnung von Ewigkeit in sich. Wir spüren, dass da mehr ist als nur das, was unsere Augen sehen und unsere Hände greifen können.
Diese Ahnung von Ewigkeit zeigt sich in unserer Sehnsucht nach bleibenden Werten, nach Sinn und Bedeutung, nach Liebe, die stärker ist als der Tod. Sie zeigt sich in unserer Hoffnung, dass das Leben mehr ist als nur eine Aneinanderreihung von zufälligen Ereignissen. Sie zeigt sich in unserem Glauben, dass Gott uns durch alle Zeiten begleitet und dass in ihm unser Leben geborgen ist.
Gemeinschaft in allen Zeiten
Als Gemeinde sind wir füreinander da – in guten wie in schweren Zeiten, in Zeiten der Freude wie in Zeiten der Trauer, in Zeiten der Fülle wie in Zeiten des Mangels. Diese Gemeinschaft ist ein Geschenk Gottes und zugleich unser Auftrag.
In den kommenden Wochen werden wir wieder mehr miteinander zu tun haben. Nach der Sommerpause nehmen unsere Kreise und Gruppen ihre Arbeit auf, neue Projekte stehen an, und der Herbst bringt seine eigenen Aufgaben und Herausforderungen mit sich.
Lassen Sie uns diese Zeit bewusst als Gemeinschaft gestalten. Jeder und jede von uns bringt andere Gaben und Erfahrungen mit. Gemeinsam können wir mehr bewirken als allein. Gemeinsam können wir füreinander da sein und gemeinsam können wir unseren Glauben leben und weitergeben.
Vertrauen in Gottes Zeit
Der Prediger schließt mit der Erkenntnis, dass der Mensch Gottes Werk nicht vollständig ergründen kann, „weder Anfang noch Ende“. Das ist zunächst eine demütige Erkenntnis: Wir verstehen nicht alles, was in unserem Leben und in der Welt geschieht. Wir sehen oft nur Bruchstücke, nicht das ganze Bild.
Aber diese Erkenntnis ist auch tröstlich. Wir müssen nicht alles verstehen und nicht alles in der Hand haben. Gott hat den Überblick, auch wenn wir ihn verlieren. Er kennt Anfang und Ende, auch wenn wir manchmal nicht wissen, wohin der Weg führt.
Diese Gelassenheit können wir lernen und einüben – im Gebet, in der Gemeinschaft, in der Beschäftigung mit Gottes Wort. Wenn wir lernen, auf Gottes Zeit zu vertrauen, werden wir ruhiger und können das Leben mehr genießen, anstatt ständig zu sorgen und zu planen, Amen.
Olaf Bischoff, Pfr.
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