
28/09/2025 0 Kommentare
Andacht - Auf ein Wort
Andacht - Auf ein Wort
# Andacht

Andacht - Auf ein Wort
„Die Ernte ist vergangen, der Sommer ist dahin,
und uns ist keine Hilfe gekommen.“ (Jeremia 8,20)

Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn diese Zeilen Sie erreichen, hat der Herbst bereits Einzug gehalten in unsere Gemeinden. Die Felder sind abgeerntet, die Bäume färben sich bunt, und die Tage werden kürzer. Es ist eine Zeit des Übergangs, die zum Nachdenken einlädt – über das, was war, und das, was noch kommen mag.
Der Prophet Jeremia kannte solche Zeiten der Ungewissheit nur allzu gut. Seine Worte „Die Ernte ist vergangen, der Sommer ist dahin, und uns ist keine Hilfe gekommen" sprechen von einer tiefen Enttäuschung. Das Volk Israel hatte auf Gottes Rettung gehofft, doch die erwartete Wende blieb aus. Wie oft mögen wir uns in ähnlichen Situationen wiederfinden?
Herbstgefühle in einer unruhigen Welt
Auch in diesem Herbst 2025 blicken wir auf eine Zeit zurück, die von vielen Herausforderungen geprägt war. Deutschland hat schwierige außenpolitische Entscheidungen getroffen, etwa beim Stopp von Rüstungsexporten, die unsere Rolle in der Welt neu definieren. Gleichzeitig versucht die Bundesregierung mit steuerlichen Investitionsprogrammen die Wirtschaft zu stärken – ein Zeichen dafür, dass auch wir als Nation vor Herausforderungen stehen, die nicht von heute auf morgen gelöst werden können. Vielleicht geht es Ihnen wie den Menschen damals in Jeremias Zeit: Sie haben gehofft, dass sich manche Dinge zum Besseren wenden würden. Dass persönliche Sorgen sich lösen, dass gesellschaftliche Spannungen abnehmen, dass der Friede näher rückt. Und nun, am Ende des Sommers, stellen Sie fest: Vieles ist noch genauso ungelöst wie zuvor.
Die Treue inmitten der Vergänglichkeit
Doch Jeremias Klage ist nicht das Ende der Geschichte. Nur wenige Kapitel
später, in Jeremia 33,20-21, spricht Gott von seinem „Bund mit dem Tag und der Nacht" – einem Bund, der so beständig ist wie die Naturgesetze selbst. Auch wenn die Ernte vergangen und der Sommer dahin ist, so kehren sie doch wieder. Gottes Treue ist wie der ewige Rhythmus der Jahreszeiten.
In unserem Herbst hier in Ostwestfalen können wir diese Treue Gottes mit allen Sinnen erfahren. Wenn wir durch die Felder in und um Siemshof wandeln, sehen wir nicht nur das Ende der Ernte, sondern auch die Vorbereitung auf das kommende Jahr. Die Landwirte säen bereits die Wintersaat. Was wie ein Ende aussieht, ist in Wahrheit ein Neuanfang.
Kleine Zeichen großer Hoffnung
Gerade in Zeiten der Ungewissheit zeigt sich Gottes Wirken oft in scheinbar kleinen Dingen. Denken wir an die Menschen, die trotz aller Schwierigkeiten füreinander da sind. An die Nachbarin, die nach dem kranken Nachbarn schaut. An die Ehrenamtlichen in unserer Gemeinde, die sich für andere einsetzen. An die stillen Helfer, die da sind, wo Not ist.
In diesem August wurde auch an Menschen erinnert, die in dunklen Zeiten Licht brachten – wie Donata Helmrich, die während der NS-Zeit jüdischen Menschen half. Solche Geschichten erinnern uns daran, dass Gottes Güte auch in den dunkelsten Stunden dieser Welt wirksam bleibt – durch Menschen, die sich von seiner Liebe bewegen lassen.
Herbstdankbarkeit
Der Herbst lehrt uns eine besondere Art der Dankbarkeit. Es ist nicht die überschwängliche Freude des Frühlings oder die sorglose Heiterkeit des Sommers. Es ist eine reife, tiefe Dankbarkeit, die auch mit Vergänglichkeit und Verlust umzugehen weiß. Eine Dankbarkeit, die sagt: „Ja, vieles ist nicht so geworden, wie wir es uns erhofft haben. Aber Gott ist da gewesen. Und er wird auch weiterhin da sein.“
Diese Haltung brauchen wir in unserer Zeit. Wenn die großen Lösungen auf sich warten lassen, wenn politische und gesellschaftliche Herausforderungen komplex und langwierig sind, dann ist es umso wichtiger, dass wir die kleinen Zeichen von Gottes Treue wahrnehmen und dankbar annehmen.
Ausblick ins Kommende
„Die Ernte ist vergangen, der Sommer ist dahin“ – aber der Herbst bringt seine
eigene Schönheit mit sich. Die goldenen Oktobertage, die Früchte der Bäume, die Gemeinschaft bei Erntedankfesten. Und nach dem Herbst kommt der Winter mit seiner stillen Einkehr, und dann wieder der Frühling mit neuer Hoffnung.
So dürfen auch wir getrost in die kommende Zeit blicken. Nicht mit naiver Sorglosigkeit, aber mit dem Vertrauen, dass Gott seine Schöpfung nicht im Stich lässt. Dass seine Treue jeden Morgen neu ist – auch an den kurzen Herbsttagen, auch in den langen Winternächten.
Ihr Pastor Olaf Bischoff
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